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Ein Schrank kehrt zurück – Einleitung
Anfang Oktober 2022 erhielt der Heimatverein Kitzscher eine Mail mit einem überraschenden Inhalt. Absender war Frau Gabriele Kämpfner, Leiterin des Museums…
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Viele Leser werden sich fragen, was ist eigentlich ein Frankfurter Schrank und wer ist die Familie von Tettau. Das soll in diesem Abschnitt versucht werden zu beantworten.
Der Schrank, von welchem die nachfolgende Geschichte in diesem und den 2 darauffolgenden Amts- und Informationsblätter handelt, stammt aus dem ehemaligen Schloss Kitzscher. Es ist ein „Frankfurter Schrank“: Ein Typus, der vor ungefähr 400 Jahren von dem Frankfurter Schreinermeister Friedrich Unteutsch entworfen und erstmals hergestellt wurde. Der Clou dabei: Er ist zerlegbar. Mit wenigen Handgriffen und ohne Werkzeug können zwei Personen den Schrank in Einzelteile zerlegen und wieder zusammenbauen. Diese Idee und die perfekte Ausführung waren so überzeugend, dass solch ein Schrank in Frankfurt damals als Meisterstück für das Schreinerhandwerk gefordert wurde. Aufbewahrt wurden darin die sorgfältig gehütete und kostbare Leinenwäsche des Hauses. Erst im 19. Jahrhundert mit der Erfindung des Kleiderbügels wurde er auch als Kleiderschrank gefertigt. Diese Schränke befanden sich über Jahrhunderte in Schlössern und Patrizierhäusern.
Wann dieser Schrank in das Schloss Kitzscher gelangte, ist nicht mehr zu erfahren. Aber es gibt ein Datum, an welchem er das Schloss verließ: Es war das Jahr 1947.
Und in diesem Jahr verknüpft sich die Geschichte des Schranks mit der Geschichte meiner Familie, der Familie meines Vaters Wolfram von Tettau.
Rund 80 Jahren gehörte er zum Leben unserer Familie. Nach Umwegen über Borna, Berlin, Potsdam, Westberlin, und Lindau ist er nun in seine Heimat zurückgekehrt. Die folgende Aufstellung erzählt von der 80-jährigen Geschichte, von guten und von schlechten Zeiten, von zwei Kriegen, von Tod, Zerstörung… und von Frieden.
Mein Vater Wolfram und seine Zwillingsschwester Iolanda kamen am 9. Dezember 1908 in Berlin als Kinder des Architekten Wilhelm Freiherr von Tettau und seiner Frau Ada, geborene Gräfin Nievo, zur Welt.
Für seine junge Familie baut mein Großvater eine selbst entworfene Villa in Berlin. Ein Zuhause für seine beiden Kinder, seine Frau und sich. Gleich zu Beginn des 1. Weltkrieges wird er eingezogen, obwohl er der Militärlaufbahn schon den Rücken gekehrt hatte. Durch Gasbrand schwer verwundet kehrt er heim und stirbt 1929 an den Spätfolgen seiner Kriegsverletzung
10 Jahre später, 1939, wurde Wolfram, der ebenfalls Architekt wie sein Vater geworden war, in den 2. Weltkrieg eingezogen und mehrmals verwundet. Im Lazarett lernte er seine spätere Ehefrau Hanna Springer kennen. Das Zuhause, die Villa in Berlin Lankwitz war ausgebombt und das geerbte Mietshaus seiner Mutter auch vom Bombenhagel zerstört. Ausgebombt, ohne Dach über dem Kopf, verwundet, gibt es 1945 für ihn kein Daheim mehr.
Zuflucht fand mein Vater bei seiner Zwillingsschwester Iolanda, die in Borna lebte. Dort war sie – zusammen mit ihrer Mutter und den drei Kindern – im Wartezimmer der Praxis ihres Schwiegervaters untergekommen. Da alle Dokumente meines Vaters im Krieg verbrannt waren, zeichnete er in Borna schöne alte Türen ab, um sie als Postkarten zu verkaufen und für sich als Architekt zu werben. Diese Zeichnungen haben sich erhalten, und wir schenkten sie kürzlich dem Museum in Borna. Diese Türen sind heute noch im Originalzustand im Stadtbild präsent.